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Kausalität und Sorgfaltspflichten beim unechten Unterlassungsdelikt

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Ursächlichkeit liegt bei (unechten) Unterlassungsdelikten vor, wenn bei Vornahme der pflichtgemäßen Handlung der tatbestandsmäßige Schadenserfolg ausgeblieben wäre, dieser also entfiele, wenn die Handlung hinzugedacht würde.

Der im Schrifttum weithin vertretenen Auffassung, es genüge bereits, dass die Vornahme der unterlassenen Handlung das Risiko des Erfolgseintritts (erheblich) vermindert hätte (sog. Risikoerhöhungstheorie), ist die Rechtsprechung bisher nicht gefolgt. Soweit sie verlangt, dass durch die gebotene Handlung der Schadenserfolg “mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit” vermieden worden wäre, ist damit nicht gemeint, dass der Zusammenhang zwischen Ursache und Erfolg hier weniger eng zu sein brauche, als er sonst – bei der Ursächlichkeit positiven Tuns – vorausgesetzt wird; vielmehr liegt darin nur die überkommene Beschreibung des für die richterliche Überzeugung erforderlichen Beweismaßes.

Die Frage des hypothetischen Kausalverlaufs bedarf jedoch keiner endgültigen Beantwortung, wenn der Angeklagten keine objektive Sorgfaltspflichtverletzung hinsichtlich des Unterlassens vorgeworfen werden kann.

Bei der Beurteilung der Frage einer Sorgfaltspflichtverletzung ergeben sich Art und Maß anzuwendenden Sorgfalt aus den Anforderungen, die bei einer Betrachtung Gefahrenlage “Ex ante” an einen besonnenen und gewissenhaften Menschen in konkreten Lage und der sozialen Rolle des Handelnden zu stellen sind.

Für die Beurteilung ärztlichen Handelns ist der Standard eines erfahrenen Facharztes, also das zum Behandlungszeitpunkt in der ärztlichen Praxis und Erfahrung bewährte, nach naturwissenschaftlicher Erkenntnis gesicherte, von einem durchschnittlichen Facharzt verlangte Maß an Kenntnis und Können maßgebend. Da aus medizinischen Maßnahmen besonders ernste Folgen entstehen können und der Patient regelmäßig die Zweckmäßigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Handlung nicht beurteilen kann, sind an das Maß der ärztlichen Sorgfalt hohe Anforderungen zu stellen.

Ähnliche Anforderungen müssen auch an den verantwortungsvollen Beruf der Hebamme gestellt werden. Denn auch die Hebamme ist gemäß § 2 Satz 1 SächsHebG verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft und entsprechend dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft auszuüben.

Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 14. Februar 2014 – 2 Oberlandesgericht 25 Ss 788/13


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